Im persönlichen Gespräch: Antje Cibura, Gleichstellungsbeauftragte zur „9. Brühler Frauenwoche:

Von Frauen nur für Frauen ab 16 Jahre“
Vom 8. bis 15. März findet anlässlich des Internationalen Weltfrauentages am 8. März die „9. Brühler Frauenwoche“ statt. Sie ist eine Institution über die Stadtgrenzen hinaus. Die Veranstaltungsreihe umfasst 44 Angebote ausschließlich von Frauen für Frauen ab 16 Jahren. Konzipiert wurde das im Rhein-Erft-Kreis einmalige Angebot von der Brühler Gleichstellungsbeauftragten Antje Cibura. Wir haben sie zum persönlichen Gespräch getroffen.

Ein Besuch bei Antje Cibura lohnt sich immer. Die temperamentvolle Brühler Gleichstellungsbeauftragte hat immer ein offenes Ohr für Angelegenheiten und Probleme aller Art. Mit viel Empathie versucht sie, sich um die Belange von Frauen zu kümmern und Lösungen zu finden.

Das heißt aber nicht, dass sie nicht auch einmal auf ihre direkte und unverblümte Art die ratsuchenden Frauen in die Pflicht nimmt und ihrerseits Engagement und Flexibilität von ihnen einfordert. Wer bei Antje Cibura nur Forderungen stellt und keine Eigeninitiative zeigt, hat bei ihr nicht die besten Karten. „In einem vernünftigen Dialog sind unbürokratische Lösungen immer erreichbar“, lautet ihr Credo.

Seit 2013 ist die 58-Jährige die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Brühl. Sie ist zuständig für alle Fragen der Gleichstellung des Personals innerhalb der Stadtverwaltung. „Die Beauftragte für Frauen und Gleichstellung wirkt bei allen Vorhaben und Maßnahmen der Gemeinde mit, die die Belange von Frauen berühren oder Auswirkungen auf die Gleichberechtigung von Frau und Mann und die Anerkennung ihrer gleichberechtigten Stellung in der Gesellschaft haben“ beschreibt der § 5 der Gemeindeordnung NRW ihren Aufgabenbereich, der aber noch weitaus umfangreicher ist.

Denn darüber hinaus ist Antje Cibura auch Ansprechpartnerin für Frauen, denen häusliche Gewalt widerfahren ist. Sie pflegt Kontakte zu Frauengruppen, Organisationen, Verbänden, Kirchengemeinden etc. zur Verbesserung der Situationen der Frauen und Mädchen, sie verwirklicht das Verfassungsgebot der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und sie organisiert Fortbildung für Frauen sowie Informationsveranstaltungen und Projekte zu gleichstellungsrelevanten Themen (u.a. Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Gewalt gegen Frauen und Mädchen, sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz, Berufsrückkehr).

Für diese unglaublich vielfältigen Aufgaben steht ihr ein vergleichsweise bescheidener Etat von 12.000 Euro im Jahr sowie mit Susanne Skiba eine Stellvertreterin mit halber Stelle zur Verfügung. Mit diesem Geld geht Antje Cibura sehr verantwortungsbewusst und kreativ um. Dass es ihr mit diesen Mitteln gelingt, eine Frauenwoche mit 44 Veranstaltungen auf die Beine zu stellen, ist im Rhein-Erft-Kreis wohl einmalig.

Die meisten Veranstaltungen sind kostenfrei
Bis auf das ausverkaufte Mitsingkonzert im Cultra zum Auftakt am 8. März sind alle Angebote für die Teilnehmerinnen kostenfrei. Finanz- und Karrieretipps, Yoga und Tanzkurse, Infos zur Geldanlage oder zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie – die Themenvielfalt ist auch in der neunten Auflage der Brühler Frauenwoche groß. Gezielt an Mädchen und junge Frauen richtet sich ein Talk-Format zum Thema Körperwahrnehmung und Selbstbestimmung.

Im Fokus eines Vortrags- und Diskussionsabends stehen Frauen mit Behinderung, ihr Umgang mit Diskriminierungen, ihre Rechte sowie ihre Möglichkeiten der Selbstbehauptung. Einmal mehr wird die Frauenwoche von zahlreichen Unternehmen und Institutionen unterstützt, welche Räumlichkeiten und Technik kostenlos zur Verfügung stellen. Sämtliche Veranstaltungsorte verfügen darüber hinaus über behindertengerechte Zugänge.

„Bei vielen Workshops, Schnupperkursen und Vortragsabenden ist die Zahl der Teilnehmerinnen begrenzt, daher ist eine frühzeitige Anmeldung ratsam“, empfiehlt Antje Cibura. „Auch in diesem Jahr sammeln wir bei allen Veranstaltungen Spenden für das Frauenhaus Rhein-Erftkreis e.V., das selbst mit einem Audioprojekt in der Frauenwoche vertreten ist.“ Bei der letzten regulären Frauenwoche vor Corona vor drei Jahren kamen dabei rund 1.200 Euro zusammen.

Etwas schade findet Antje Cibura, dass männliche Dozenten bei der Frauenwoche nicht gewünscht sind. Als sie vor ein paar Jahren einmal einen renommierten Arzt eingeladen hatte, wurde die Veranstaltung nicht besonders gut angenommen. Dabei ist Antje Cibura als Gleichstellungsbeauftragte nicht ausschließlich für Frauen zuständig. Sie hat auch bereits ein Väterseminar zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Männer angeboten.

Antje Cibura übt ihren Job „sehr gerne aus. Positiv ist, dass ich weisungsunabhängig bin.“ Selbst der Bürgermeister darf ihr nicht reinreden. „Er möchte aber über meine Entscheidungen informiert werden“, lacht die verheiratete Mutter von drei Kindern, die in diesem Jahr ihr 40-jähriges Dienstjubiläum bei der Stadt Brühl begeht.
Respektvoller Umgang

Die Zusammenarbeit findet respektvoll und auf Augenhöhe statt. Die Ergebnisse können sich sehen lassen und finden bundesweit Anerkennung, wie der Gender Award 2019 belegt. Nach den Großstädten München und Bochum belegte Brühl damals Platz 3, weil „Brühl mit relativ geringen Ressourcen ein Maximum an Gleichstellungspolitik umsetzt.“
Alle Vorgaben lassen sich nicht umsetzen. Die Frauenquote von 50 Prozent, die eigentlich bei allen öffentlichen Stellenausschreibungen vorgeschrieben ist, ist beispielsweise bei der städtischen Feuerwehr nicht machbar. Dafür werden überproportional viele Frauen von der Stadt Brühl in den verschiedenen Bereichen ausgebildet. „Das liegt daran, dass in der freien Wirtschaft besser bezahlt wird und größere Gehaltssprünge möglich sind“, meint Antje Cibura, die bei allen Personalentscheidungen eingebunden ist.

Jetzt freut sie sich auf die 9. Brühler Frauenwoche. Detaillierte Informationen zur Frauenwoche enthält ein Flyer, der im Internet unter bruehl.de/frauenwoche23 abgerufen werden; ausgedruckte Exemplare liegen im Ticket- und Tourismuscenter brühl-info sowie verteilt in anderen Stellen im Brühler Innenstadtgebiet aus. Auch im Veranstaltungskalender der HIERO Brühl App findet sich das Programm.

Tobias Gonscherowski